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Nachruf zum 1. Lichterfest am 10. Juni 1995 auf Schloß Schönwölkau

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Die Bildergalerie vom 1. Lichterfest
Der Film vom 1. Lichterfest



Zu den Zeiten als der Graf noch im Sandkreis zu den sieben Dünen herrschte und jedes Jahr einmal zwölf Stunden
mit Essen, Trinken und der langen Weile verbrachte um dann wieder schlafen zu gehen, gab ihm der Esel den Rat den Sandkreis zu verlassen, um den Aufbruch in ein neues Land zu wagen - es in Besitz zu nehmen und die nächsten zwölf Stunden des Wachens nie wieder mit Mühsal und Grübeln zu verbringen.

Der Graf folgte dem Rat seines Wappentiers dem Esel und beschloß, diesen Tag von nun an mit einer großen Feier
zu regieren und diese sollte zwölf Stunden dauern von 06.00 Uhr des Abends bis 06.00 Uhr des Morgens.

Auf seinem Zug mit dem Esel gen Westen entdeckte der Graf an einem Wochenende beim Durchstreifen der Parklandschaften nordwestlich von Leipzig das verträumte, an den Fassaden vom Zahn der Zeit angenagte Schloß Schönwölkau. Das Schloß lag inmitten einer 300 - jährigen Parkanlage aus Sichtachsen, Laubbäumen und Teichen.




Das Schloß Schönwölkau verfügte über einen in Eiche getäfelten Speisesaal, eine repräsentative Wandelhalle sowie einen großen Festsaal mit Wandspiegeln und Bühne. Spontan faßte der Graf die Idee, hier das erste Fest für die Sinne und des Vergnügens zu wagen, welches als das 1.Lichterfest in die Geschichte der Bälle des Grafen einging.




Als Datum wurde der 13.06.1995 angesetzt. Es mußte in aller Eile das äußere zum inneren Gewebe gebildet werden.
Zur Organisation des Gefüges wurde ein Hofstaat aus des besten Mannen und Untertanen des umliegenden Landes berufen.
Für die Gäste wurde ein kleiner Zeltplatz vor dem Schloß errichtet, dessen krönender Schmuck ein hellblau gefärbtes Feldklosett aus blauen Plaste war. Auch der Graf nahm die Mühe auf sich, im Zelt zu schlafen und das Feldklosett im Prachtgewand zu bemühen, um auch in kritischen Zeiten als gutes Beispiel voranzugehen.






Der Hofstaat:

- Seine Durchlaucht Graf Schlaf
- Baron Hendrik vom Dürrenberge, Seneschall
- Eugen von Mecklenburg, Hofmarschall
- Freiherr Hugo vom Wurzelbach, Rittmeister







Gemäß der Herkunft und seiner Legitimierung in den neuen Landen ließ sich der Graf vom Hofstaat, den Untertanen und allen geladenen Gästen den Titel des „Grafen“ erneut bestätigen und ausrufen. Sein Wappentier, der Esel, wurde auf einem geheimen Landgut nicht weit entfernt vom Schloß untergebracht und steht seitdem in Futter und Trank. Allzeit ist er dem Grafen ein treuer Diener.







Das Fest:

Der zentrale Wettkampf im Armbrustschießen ist eröffnet. Zur Erheiterung der Umstehenden schnellt beim Schußversuch des Leibkammerherren die Sehne von der Armbrust und fliegt in die Büsche. Nach halbstündigem Absuchen der Umgegend wird das Vorhaben aufgegeben. Da keine Ersatzsehne vorhanden ist wird der Armbrustwettkampf als unbeendet und ohne Sieger abgebrochen.





Bevor das eigentliche Treiben beginnt werden die Gäste bei herrlichem Sonnenschein zum Portalfoto auf die große Freitreppe des Schlosses gebeten.




Bis zum Abend treffen mehr als 120 Gäste ein. Mit Spannung erwarten sie den Einlaß in den Festsaal zum großen Tanzball. Dann öffnen sich die Türen. Mit einem riesigen Gedränge quillt die Masse in den Saal. Der Hofmarschall, von zwei Wachen eskortiert, ruft jeden seiner Gäste einzeln aus. Das ihm dabei mehr als einmal die Stimme versagt, ist bei diesem Tumult nicht verwunderlich.





Im Festsal spielt ein Bläsertrio unter der Leitung des Tubaleutnants Freiherr von Schwanensee mehrmals zur Unterhaltung auf, wobei der Bierkonsum dieser noch jungen unmündigen Musiker aus guten Häusern außer Kontrolle gerät. Nach einer Stunde ist der Saal übervoll.
Große Bewunderung und Aufmerksamkeit erlangen die Großfürstin Spirtumira Pogoni aus der Ukraine in Begleitung eines Kaplans sowie eine gold geschmückte Adelsfraktion aus den Dessauer Landen genannt.





Die Türen werden geschlossen, es wird still im Saal. Jeden Augenblick muß der Graf erscheinen. Festliche Marschmusik erschallt. Der Hofstaat rückt ein und mitten drin auf dem Gestell eines Kinderwagens sitzend wird der Graf hereingefahren - Gejohle bricht aus! Das Bläsertrio verspielt sich mehrmals und kann den Takt nur schwer wiederfinden.
Der Hofstaat wartet nicht und gibt sogleich seinen Einstand auf der Bühne. Er beginnt mit einer kurzen Choreinlage des bekannten Frühlingsliedes: „Ein Vogel wollte Hochzeit feiern“ und dem Flötensolo des Mundschenks: „Kuckuck-Kuckkuck ruft`s aus dem Wald“.

Das Flötensolo ist eine Sensation. Zwei Flöten werden gleichzeitig mit den beiden Nasenlöchern gespielt.
So etwas kann nur der Mundschenk. Dafür ertönt eine begeisterter Beifall. Das Streichquintett spielt ein feierliches Eröffnungslied. Es wird vom Kapellmeister Axel Kühnast dirigiert, bestehend aus vier Streichern und der ersten Geigerin Christin Straube.




Der Graf tritt in die Saalmitte, läßt sich erneut den Titel des Grafen bestätigen und eröffnet mit einer bewegten Ansprache diesen allerersten großartigen Tanzball.




Gräfin Candita von Cactus Candiflorus, Freifrau von Schnüterich sowie Herzogin von Indiebachgefallen aus dem Carolingischen Reiche singen darauf dem Grafen in einem theatralischen Chor aus einer meterlangen Pergamentrolle ihre Begrüßungsarien:


Die Erste:
„Allerschönster Graf von Schlaf, wann wird mir doch die längst Gewünschte, durch Deine Gegenliebe gewährt werden! Es ist ja unmöglich, daß den Tempel dieser Schönheit ein steinerner Abgott bewohnen könnte. Den Marmor bezwingt der Regen und der Diamant wird durch schlechtes Blut erweicht.“

Die Zweite:
„Dein Herz will aber einem Ambosse gleichen, welches sich nur durch Schläge verhärtet – je mehr nun mein Herz klopfet, je empfindlicher wirst Du. Laß mich doch das Ziel Deiner Blicke sein, schaue doch wie mein Herz klopft und meine Seele nach der Erquickung lechzet, welches an Deiner Anmut quillt. Ach! Willst Du mich durch Schweigen betrügen, unempfindliche Seele?“

Die Dritte:
„Die toten Felsen antworten ja dem Tragenden durch ein Echo und Du willst mich, Trostloser, keiner Antwort würdigen?“


Die Gäste reihen sich zum Beginn der Schreittänze auf. Als Erste tanzen der Graf und die Gräfin Candita von Candiflorus, der Hofmarschall und die Hofdame Freifrau von Schnüterich vor. Die Gäste setzten begeistert hinterher. Das ist die Geburtsstunde des berühmten Schnick-Schnick-Schnick-Tanzes und des Präsentationstanzes.





Als Tanzmeisterin leitet die Gräfin die Gäste mit sicherer Hand über das Parkett. Während man sich der Schreittänze mit wachsender Begeisterung erfreut wird es in der Wandelhalle immer lauter.




Besonders der Bierausschank ist so dicht umlagert, daß man diesen als Ausschank nicht mehr erkennt. Im Kartenpreis ist Trinken und Essen bis zum Abwinken frei enthalten. Nur so haben die Gäste die Gelegenheit sich mehr um die Gaumenfreuden zu kümmern als um die ständige Handhabung der Bezahlung aus den privaten Geldvorräten.
Das ist für viele Gäste eine günstige Gelegenheit. So erscheinen schon vor Mitternacht zahlreiche Herren und Damen im Freien, um mit schwankenden Schritten die Reiher des Schloßteiches zu besuchen.




Auf ausgedehnten Tischen gibt es kalte Platten und farbenfrohe Obstteller im Überfluß. Die Herren sammeln sich durch ständiges Prosten den nötigen Mut an, um den Damen ihrer Wahl die Aufwartung zu machen.




Ein Seeräuberhauptmann aus Dresden gerät in eine Unterhaltung mit einem Neuseeländer und glaubt ihm seine Herkunft nicht. Nun verwickelt sich auch der Mundschenk in das Gespräch und legt dem Neuseeländer dabei in seiner herzhaften Art die Hand auf den Kopf mit der Frage: „Wie herum dreht eigentlich der Zucker?“ (der Mundschenk studierte zwei Semester Physik und vertiefte sich in die Arbeiten über die Drehung der Schwingungsebene polaren Lichtes in diversen Zuckerlösungen). Woraufhin der sich angegriffen fühlende Neuseeländer dem Mundschenk in Panik einen spontanen Faustschlag ins Gesicht versetzt.
Der Mundschenk kann vor Staunen nicht gleich reagieren, ist er doch fast zwei Köpfe größer als der Unverstandene. Dann schallt es unter den Männern: „Mir nach, ergreift den Neuseeländer“. Ein Dutzend Helden stürzen mit dem Mundschenk begeistert in den Schloßpark um sich die Ehre zu holen. Aber der kleine Übeltäter war schon längst über alle Berge und zurück bleiben stundenlange und erhitzte Gespräche. Nach Mitternacht erklingen flotte Diskorhythmen aus dem Saal. In allen Räumen herrscht ein Kommen und Gehen.




Bis zum Morgen um 06.00 Uhr drehen sich das Festkarussell und der Graf mit Freifrau von Schnüterich auf dem Tanzparkett , bevor die Ruhe einkehrt. So etwas hatte es im „Sandkreis zu den sieben Dünen“ nicht gegeben! Auch das verwilderte Aussehen des Festareals am nächsten Tag kann seine Durchlaucht nicht aus der Fassung bringen.





Die verheerenden Anblicke des Gelages zeigen sich deutlich am nächsten Morgen. In den Räumen schnuppert es nach schalem Bier und auf dem Boden liegen Glasbruch, Wurstscheiben, zertretene Bananenschalen, Zigarettenkippen, Weinlachen und alles was an einem Abend benutzt werden kann.

Aber der überzeugendste Beweis eines gelungenen Abends sind leblose, aber friedlich und sanft ruhende kostümierte Körper, die auf dem Erdboden sitzend oder an der Schloßwand gelehnt schlafen. Sie lassen sich von der Morgensonne wohlig bescheinen. Diese am Delirium vorbei geschlidderten Kavaliere wachen nicht vor Mittag auf und bieten vorbeilaufenden Gästen eine köstliche Kulisse zum Lachen.

Letzter Glanzpunkt des Festes ist die Tatsache, daß ein Blasmusikant bei der Abreise sein Jagdhorn versehentlich in den Kofferraum eines fremden Autos legt. Es dauert mehr als eine Woche, bevor das Mißverständis aufgeklärt ist und der Musikant zu seinem Horn zurückkommt.

Hoffotograf des ersten Lichterfestes ist Robert Teschner und Hoffilmer ist Dorothea Johne!







Der Film vom 1. Lichterfest - Spieldauer 14:48 Minuten





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